Von Hundert auf Null. Viele Menschen freuen sich nach einem langen Arbeitsleben auf den Eintritt in die Rente. Und auch schon Udo Jürgens besang diesen Lebensabschnitt in seinem Lied "Mit 66 Jahren". Unter dem Motto "gerecht" hatte Pastor Andreas Schmidt (Paulus-Kirchengemeinde) zusammen mit Ulrich Helmboldt (1. Vorsitzender SoVD) und Klaus Richard Behling (DGB-Ortsverbandsvorsitzender) am Donnerstag in das Restaurant "Ambrosia" in Bad Lauterberg eingeladen. „Uns ist es wichtig, für ein solidarisches Miteinander einzutreten“, so Schmidt, „Wir übernehmen damit auch ein Stück Verantwortung für das Zusammenleben in unserer Stadt. Das Motto des SoVDs nehmen wir auf: Gemeinsam gegen einsam.“ In den Impulsvorträgen an dem Abend ging es aber auch noch um andere wichtige Dinge, die man vor und während der Rente beachten sollte. "Rente betrifft jeden", so Klaus Richard Behling "viele fallen in ein Loch, andere wissen nichts mit sich anzufangen. Aber auch Sozialängste spielen eine Rolle".
Ein Impulsvortrag kam von Lothar Hanisch (DGB-Regionsgeschäftsführer a.D.). Wenn man frühzeitig anfange, sich mit der Rente zu beschäftigen, könne man vielleicht unschöne Überraschungen vermeiden. "Gefährliche Situationen im Leben sind die Geburt und der Tag, an dem man in Rente geht", so Hanisch humorvoll. Was das Finanzielle angehe, bekomme man ab 55 Jahren alle drei Jahre eine Rentenauskunft, die man kontrollieren könne. Fragen sollte man sich auch, ob man Anspruch auf eine Betriebsrente habe und ob eine private Altersvorsorge vorhanden sei. Angesichts der steigenden Altersarmut, die überwiegend Frauen betreffe, sagte er, dass es einen Anspruch auf Grundsicherung gebe. "Das sind Sozialleistungen und keine Almosen, deshalb sollte es keine Scham geben". Hanisch betonte ebenso, wie wichtig es sei, als Rentner nicht einfach so in den Tag hinein zu leben, man solle Kontakte und Hobbys pflegen, eine Struktur sei wichtig. Und einen Antrag auf Rente sollte man im Übrigen nicht auf den letzten Drücker, sondern drei bis sechs Monate vorher stellen.
Betreuung in sozialrechtlichen Fragen erhalten die Mitglieder des SoVD (in ganz Bad Lauterberg rund 1500 Mitglieder) zu den Themen Rente, Pflege, Beeinträchtigungen und Vorsorge. Mit Hilfe des SoVD können Mitglieder ihre Ansprüche durchsetzen, so Helmboldt.
Der Kreisvorsitzende des Kreisverbandes Osterode des SoVD, Frank Uhlenhaut, betonte eingangs, dass die Menschen heute zum Beispiel mit 66 Jahren "jünger" als früher seien. „66 ist das neue 40“, so Uhlenhaut. Dennoch würde man von Ehrenamtlichen in Vereinen, Verbänden und Organisationen oft hören, dass diese bei ihrem Renteneintritt keine Ämter mehr übernehmen wollen. Das sei nicht nur für die Vereine ein Problem. „Da geht nicht nur für die Vereine gesellschaftlich viel verloren, sondern auch für einen selbst. Ein Ehrenamt ist nämlich Hilfe zur Selbsthilfe“, so Uhlenhaut „Ehre, wem Ehre gebührt. Die Arbeit hat im Leben nicht nur Zeit geraubt, sie hat auch einen Sinn gegeben.“ Zur Verdeutlichung las Uhlenhaut aus einem Kapitel des Buches von Bernd Stelter "Wer älter wird, braucht Spaß am Leben" vor. Der Ruhestand dürfe nicht zum Stillstand werden, denn Arbeiten bedeute auch Kontakt mit anderen Menschen, sie fördere die physische und psychische Gesundheit. Als eigener Chef könne man dies zum Beispiel in einem Ehrenamt erleben. Deshalb habe man beim SoVD die Kampagne "Gemeinsam gegen einsam" gestartet, Mitglieder zwischen 55 und 65 Jahren angeschrieben, und Werbung für das Engagement im Ehrenamt gemacht.
In der Rente seien die vier großen Ls wichtig, so die Pastorin Dagmar Henze (Arbeitsfeld Alternde Gesellschaft und Gemeindepraxis, Haus kirchlicher Dienste in Hannover. „Lachen, Laufen, Lieben, Lernen. Kontakte pflegen, sich engagieren, aber auch neugierig bleiben trägt zu einer gesunden Rente bei.“ Denn, ende die Erwerbsarbeit, reiße oft das Sicherheitsnetz, bestehend unter anderem aus Identität, Zeitstruktur, emotionaler Erlebnisse und einer Aufgabe. Henze präsentierte eine ihrer Lieblingsszenen aus Loriots Film "Papa ante portas". In der Szene erschreckt sich die Ehefrau (Evelyn Hamann) von Herrn Lohse und fragt "Was machst Du denn hier?", worauf Herr Lohse (alias Loriot) antwortet "Ich wohne hier". Und Hamann sagt: "Aber doch nicht um die Zeit". Was filmisch wunderbar überspitzt dargestellt sei, liege näher an der Realität, als man vielleicht glaube, so Henze. „Der Ruhestand ist Veränderung, etwas hört auf, etwas anderes fängt an.“ Älter werden, heiße aktives Gestalten, das könne man durchaus als ein Privileg empfinden.
Nach einer kurzen Pause schloss sich eine lebendige Diskussion an, die Uli Helmboldt leitete. Er dankte den Referierenden und Mitarbeitenden mit einem kleinen Geschenk. Musikalisch gestaltet wurde der Abend durch Ulrich Kohlrusch.
Herma Niemann