Traditionen von einer zur nächsten Generation weitergeben

Nachricht Düna, 30. September 2025

Landfrauen Westharz wickeln Erntekrone für den Landesbischof

@M.Spillner

Sie steht symbolisch für Dankbarkeit gegenüber der Natur für eine erfolgreiche Ernte, den sich schließenden Jahreskreis und die harte Arbeit der Landwirte auf den Feldern: In dem kleinen Dorf Düna bei Osterode haben die Landfrauen Westharz innerhalb eines Nachmittags eine große Erntekrone gebunden, die ihren Platz in der Kanzlei des Landesbischofs Ralf Meister findet.

Es duftet herrlich nach Stroh und Getreide: 13 Frauen treffen sich auf dem Hof von Renate Wehmeyer, da die Scheune auf mehreren großen Tischen viel Platz zum Wickeln bietet. Die Gruppe hat sich aufgeteilt: Sechs bereiten Kränze für den Stand auf dem Wochenmarkt vor, Sieben binden die Erntekrone. Dabei werden Hafer, Weizen, Roggen und Gerste, ein wenig Triticale, eine Kreuzung aus Roggen und Weizen, und etwas Leinsamen zu einer einzigartigen Krone vereint. Das Wickeln der Erntekrone haben sie sich selbst beigebracht: „Meine erste habe ich 1990 zum Dorfjubiläum in Elbingerode gebunden. Seitdem wickele ich mit Freude Erntekronen“, blickt Helga Brakel lächelnd zurück. Die eigentliche Arbeit beginnt bereits Monate im Voraus. „Das Getreide wird schon kurz nach der Blüte geschnitten, wenn es noch grün ist – etwa im Juni“, erläutert Renate Wehmeyer. Der nächste Schritt ist das Trocknen. Das Getreide wird gebündelt und in einem luftigen, dunklen Raum kopfüber aufgehängt. „Dunkel, damit es die Farbe behält. Und natürlich vor Vögeln und Mäusen geschützt – sonst war’s das leider mit den Ähren“, sagt sie lachend. Als erster Schritt des Kronebindens wird nun der Rohling erstellt, also das Kronengestell aus Draht mit Heu oder Stroh umwickelt. Das Getreide liegt bereits vorbereitet in Kisten, die Drahtrollen sind parat. Zwei Frauen umwickeln, die anderen reichen das Getreide an. „Die Zuarbeit ist genauso wichtig wie das Wickeln selbst“, beschreibt Renate Wehmeyer. „Und unsere Erntekronen sind traditionell. Uns ist wichtig, dass nur Getreide verwendet wird und die Ähren nach oben stehen.“ Hand in Hand wird hier gearbeitet: Die einen nehmen die Getreidestiele auf die Hand. „Immer sieben – gekürzt auf die richtige Länge“, sagt Marlis Paare. Die anderen zwei umwickeln jeweils einen der vier Arme der Krone. Gleichmäßig, auf beiden Seiten etwa in gleicher Breite. Dabei herrscht eine ruhige Konzentration. Gelegentlich bricht Gelächter die Stille, wenn eine der Teilnehmerinnen eine kühne Idee einwirft. Und kurze Hektik kommt auf, als der Weizen zur Neige geht. Aber alles noch vorrätig. Sowieso wird das gebunden, was die Ernte hergibt. Den Frauen bereitet dieses gemeinschaftliche Wirken viel Freude – das später noch mit einem gemeinsamen Kaffeetrinken und selbstgebackenem Kuchen belohnt wird.

„Wir wollen zeigen, wie viel Kraft in unserer Gemeinschaft steckt und wie Traditionen von einer Generation zur nächsten weitergegeben werden.“ Zumindest hoffen die Landfrauen auf Zuspruch der nächsten Generationen, damit dieses Stück Kultur nicht verlorengeht. Früher haben die Landfrauen Westharz sogar fünf Kränze in einem Jahr gebunden, heute sind es ein bis zwei. Das mag aber auch an der langen Haltbarkeit liegen. „Für die Kita meiner Enkelkinder in Köln habe ich auch mal eine Erntekrone angefertigt. Die hängt immer noch – und mein Großsohn wird inzwischen schon konfirmiert“, berichtet Marlis Paare lächelnd. Jetzt wird nochmal spannend, denn nun ist der Kronenkranz an der Reihe, auf dem die Krone ruht. Deshalb kommt ein Konstrukt aus zwei Stühlen und einem Besenstiel zum Einsatz. Die Erntekrone hängt nun sicher zwischen den Stühlen – und weiter geht’s. Endspurt. Hier noch ein paar Grannen stutzen, dort noch für etwas mehr Halt sorgen. Einige prüfende Blicke später: Das Ergebnis gefällt: „Das sieht schön gleichmäßig aus. Gute Arbeit!“ Später folgt noch das farblich passende Band, um den letzten Schliff zu verpassen – welches wird aber noch nicht verraten! Dann ist sie fertig. Die Erntekrone – ein traditionelles Symbol für Gemeinschaft, Dankbarkeit und Ernteglück.

 

Info:
Der LandFrauenverein Westharz umfasst die Orte Hattorf, Elbingerode, Hörden und Düna und gehört zu den Kreislandfrauen Osterode. Jedes Jahr hängt in der Kanzlei des Landesbischofs eine Erntekrone, die immer abwechselnd von einem Landfrauenverband oder der Landjugend gestaltet wird. Die vier Arme der Erntekrone symbolisieren die vier Jahreszeiten. Sie repräsentieren Freude, Sorge, Hoffnung und Dankbarkeit – jeweils im Kontext von Aussaat, Ernte und Erntedank. Der Kranz, der die Arme verbindet, steht für den Zusammenhalt der Gemeinschaft.

 

 

Mareike Spillner