Seit mehr als 20 Jahren ist André Dittmann Pastor in dieser Region. Angefangen hat der 51-Jährige als Schulpastor an den Berufsbildenden Schulen I in Osterode, bis er im Herbst 2015 in den Oberharz wechselte. Jetzt bereitet er sich auf den Abschied vor: Am Reformationstag um 18 Uhr wird er in einem feierlichen Gottesdienst in der St. Salvatoris-Kirche in Zellerfeld von Superintendentin Ulrike Schimmelpfeng verabschiedet. Denn André Dittmann wird am 30. November in seine neue Aufgabe als Superintendent für den Amtsbereich Alfeld im Kirchenkreis Hildesheim-Alfeld eingeführt.
Im Interview spricht der beliebte Oberharzer Pastor und langjährige stellvertretende Superintendent im Kirchenkreis Harzer Land über seine Projektarbeit, seine Zeit als Gemeindepastor und darüber, warum ihn eine große Dankbarkeit erfüllt.
Welche Erfahrungen waren Dir in diesem zwei Jahrzehnten besonders wichtig?
André Dittmann: „Ich erinnere mich lebendig an die große Ausstellung ‚Rosenstraße 76‘ zum Thema häusliche Gewalt oder das Projekt ‚offensichtlich verborgen‘, das Gemeinden ins Gespräch brachte zum Thema Armut. Beide Projekte habe ich als Diakoniebeauftragter im Kirchenkreis verantwortet.
Dem Thema Ausstellungs- und Projektarbeit warst Du aber auch im Oberharz verbunden…
André Dittmann: „Genau. Die St. Salvatoris-Kirche bietet Raum, nun Ausstellungen bildender Kunst als Gesprächsangebote zwischen Kirche und Gesellschaft zu entwickeln. ‚Luther und die Juden‘ als Auftakt zum Reformationsjubiläum oder die beiden Ausstellungen mit dem Bund bildender Künstler Harz waren für mich ein besonderes Highlight.“
Aber du warst ja eigentlich nicht „Ausstellungspastor“, sondern Gemeindepastor….
André Ditmann: „Ja, nach der Zeit als Schulpastor wollte ich ‚Gemeindeluft‘ schnuppern. Und das konnte ich hier im Oberharz richtig gut! Mit Leidenschaft begleite ich Menschen in ihrem Leben, teile gute und schwere Momente und suche mit ihnen nach verborgenen Schätzen und Spuren Gottes. Das Menschen mich auf Zeit in ihre Lebensgeschichten hineingenommen haben, berührt mich. Das ist keine Selbstverständlichkeit.“
André, wenn Du nun auf Deine Zeit im Oberharz und die vielen Jahre in der Region zurückblickst – was nimmst Du besonders mit?
André Dittmann: „Die Erfahrung, dass es gut so ist, wie es war. Ich bin dankbar für viele Erlebnisse, die ich hier im Oberharz machen durfte. In dieser Zeit musste ich mir in vielen Bereichen neue Kenntnisse aneignen, um komplexen Situationen gerecht zu werden. Dass ich daran wachsen durfte – und das zusammen mit vielen anderen Menschen – dafür bin ich im Rückblick sehr dankbar.“
War das währenddessen immer so deutlich spürbar – oder ist diese Dankbarkeit eher etwas, das sich erst mit Abstand einstellt?
André Dittmann: „Ich glaube, viele kennen das: In der konkreten Situation spürt man oft eher die Härte und Anstrengung. Erst wenn eine Phase vorbei ist, merkt man, was sie einem geschenkt hat. So geht es mir auch. Im Nachhinein kann ich sagen: Trotz allem – oder vielleicht gerade wegen der Herausforderungen – bin ich dankbar. Ich habe vieles gelernt: über mich selbst, über andere und über den Glauben an Gott, der mich getragen und durchgetragen hat.“
Gibt es Erlebnisse, die Dir besonders in Erinnerung geblieben sind?
André Dittmann: „Ja, ganz viele kleine Momente. Ich bin dankbar für ein Lächeln auf der Straße, für einen freundlichen Gruß – manchmal laut, manchmal leise. Ich erinnere mich an jemanden, der mir spontan schwarze Schuhe in Größe 39 geliehen hat, als ich zur Beerdigung musste und nur meine bunten Schuhe dabeihatte. Solche Gesten berühren. Dankbar sein, wenn man Hilfe bekommt – aber auch dankbar, helfen zu können, wenn andere in Not sind. Als Kirchengemeinden im Oberharz haben wir diese Möglichkeiten, und das erfüllt mich.“
Dankbarkeit scheint für Dich ein zentrales Thema zu sein.
André Dittmann: „Ja, Dankbarkeit ist für mich fast so etwas wie eine Lebenshaltung. Im Philipperbrief heißt es: ‚Macht euch keine Sorgen. Im Gegenteil: Wendet euch in jeder Lage an Gott; tragt ihm eure Anliegen in Gebeten und Fürbitten und voller Dankbarkeit vor. Und der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und Gedanken behüten.‘ Ich finde, das trifft es sehr gut.“
Wenn Du an die Oberharzer Gemeinden und die Oberharzer selbst denkst. Was fällt Dir dazu ein?
André Dittmann: „Oberharzer sind manchmal wie Grauwacke. Etwas spröde und hart. Aber auf der anderen Seite – wie die Grauwacke das Wasser – können sie Dinge aufnehmen und wenn es ihnen gefällt, lange bewahren. Loyal und fleißig und direkt. Das finde ich gut. Dann weiß man, woran man ist. Das waren letztlich auch Eigenschaften, die den Prozess des Zusammenwachsens der Region zur Gesamtkirchengemeinde und zum Kirchengemeindeverband möglich gemacht hat. Diesen Prozess mitzugestalten, war mir Aufgabe und Ehre. Und bei dem, wie es gelungen ist, letztlich auch Freude. Dafür bin ich denen, die das mitgetragen und mitgestaltet habe, von Herzen dankbar.“
Das Interview führte Mareike Spillner.
Mareike Spillner