„Das Risiko ist zu groß“

Nachricht Kirchenkreis, 22. Oktober 2025

Wie geht es mit Christus Herzberg und Paulus Bad Lauterberg weiter?

@C. Dolle

Holzträger, die aus verleimten Schichten bestehen und zudem alle fünf Meter ineinander verzahnt und wiederum verleimt sind. Anfang der 60er Jahre war das eine nicht unübliche Bauweise – nur leider nicht für die Ewigkeit gemacht. Das mussten die Kirchengemeinden Christus in Herzberg und Paulus in Bad Lauterberg kürzlich erfahren, denn eine Untersuchung ergab, dass der Leim das Dach unter ungünstigen Umständen nicht mehr halten könnte. Beide Kirchen wurden aus Sicherheitsgründen geschlossen, ein Gutachten abgewartet.

Johannes Sigmann vom Amt für Bau- und Kunstpflege Hildesheim mit Außenstelle Göttingen informierte nun die Betroffenen im Kirchenkreis Harzer Land über den Sachstand. Dabei beschrieb er sehr anschaulich, was diese besondere Dachkonstruktion ausmacht, dass der verwendete Harnstoffleim heute nicht mehr verwendet und auch in dieser Art heute kein Dach mehr konstruiert würde. „Wir können nicht ausschließen, dass chemische Prozesse im Klebstoff stattgefunden haben, die das Gefüge gestört haben“, erläuterte er. Von außen sei nichts zu sehen, so dass die einzelnen Balken auch nicht ohne größeren Aufwand geprüft werden können.

„Wir haben keine akuten Schäden“ betonte er auch, was aber nur ein schwacher Trost ist. Was nun zu tun ist, kann das Gutachten nicht beantworten, dieser Frage müssen sich die Gemeinden und der Kirchenkreis in Absprache mit der Landeskirche stellen. Vorerst bleiben beide Kirchen aber geschlossen. „Das Risiko ist zu groß, um dort Veranstaltungen stattfinden zu lassen“, erklärte Superintendentin Ulrike Schimmelpfeng.

Der Hintergrund dazu ist die Elisabethkirche in Kassel, deren Dach sehr ähnlich konstruiert ist und im November 2023 einstürzte. Das muss in Bad Lauterberg und Herzberg natürlich nicht passieren, beide Kirchen könnten auch noch zwanzig Jahre stehen. Doch die Sicherheit geht nun einmal vor. Eine richtige, wenn auch schmerzhafte Entscheidung für die Gemeinden.

„Wir waren geschockt, weil wir unsere Themengottesdienste ja schon geplant haben“, sagte Rieke Strutzberg im Namen der Jugendkirche Paulus. Für die Weihnachtszeit ist ein Jugendgottesdienst zum Grinch geplant, der nun anderswo stattfinden muss. Bad Sachsas Bürgermeister Daniel Quade habe sofort das Kurhaus angeboten, erzählt Rieke Strutzberg, auch die Stadt Bad Lauterberg würde einspringen. „Das ist toll, aber unsere gesamte Technik ist ja verbaut, es ist eben unsere Kirche.“

Ebenfalls nicht einfach ist es für die Christusgemeinde in Herzberg, die jüngst noch ihr Jubiläum in der Kirche feierte. „Weihnachten wird ein großes Thema“, sagt Elisabeth Kienzle. Aber auch hier gibt es schon Planungen mit der Nicolaigemeinde Gottesdienste auf jeden Fall dort dann gemeinsam gefeiert werden. Für ein geplantes Chorkonzert mit 4Elation am 7. November um 19 Uhr öffnet die katholische St. Josef-Kirche ihre Pforten.

Bei allem Schock ist somit auch sofortige Unterstützung von vielen Seiten spürbar. Das ist durchaus ein Trost und ja auch ein Zeichen dafür, wie die Kirchengemeinden in den jeweiligen Orten vernetzt sind. Sie werden auch von Nicht-Kirchenmitgliedern als Orte der Kultur und als Heimat wahrgenommen. Es bleibt also zu hoffen, dass sich in den kommenden Monaten eine gangbare Lösung findet. „Wir müssen jetzt Fachleute ins Boot holen und Konzepte erarbeiten, sagt Johannes Siegmann.

C. Dolle