Die Landessynode ist das gewählte Kirchenparlament und damit das wichtigste Entscheidungsgremium für die Landeskirche Hannovers, die Kirchenkreise wie auch für die Gemeinden. Dementsprechend setzt es sich auch aus Kandidatinnen und Kandidaten aus allen Regionen zusammen. Ende September wurde gewählt und aus dem Harzer Land zogen gleich zwei Kandidaten ein. Stephan Liebing und Dr. Uwe Brinkmann werden die Interessen der Menschen im Harzer Land in Hannover vertreten.
Stephan Liebing kommt aus Herzberg, ist gelernter Kaufmann, Lektor und Teil des Kirchenvorstandes der Christusgemeinde Herzberg. Er arbeitet am Gemeindebrief mit, gestaltet natürlich auch Gottesdienste, möchte – so sagte er es in seiner Bewerbung für die Synode – Kirche aktiv mitgestalten, gerade in dieser Zeit der Umbrüche. Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Öffentlichkeitsarbeit nannte er als Themenfelder, in denen er sich einbringen möchte.
Uwe Brinkmann ist Hochschulpastor an der TU Clausthal, stellvertretender Superintendent im Kirchenkreis Harzer Land und hat einige Jahre Erfahrung in der Arbeit der Landessynode. Die möchte er nun fortsetzen, wobei seine Schwerpunkte Kirche im ländlichen Raum, die ausgedünnte Personaldecke und eben auch die Präsenz von Kirche in Kleinstädten und Dörfern ist.
Warum ist Kirche auch heute noch wichtig für unsere Gesellschaft?
Uwe Brinkmann: Klar! Mit der Bibelgeschichte des barmherzigen Samariters als Auftrag, leisten wir in den verschiedensten Bereichen – von Diakonischen Einrichtungen bis zur Politischen Diskussion, von Begleitung der Menschen in Lebenskrisen bis zur Feier von Familiengottesdiensten – einen wichtigen Beitrag zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft.
Stephan Liebing: Kirche ist wichtig unter anderem weil sie eine Begegnungsstätte, Schutzraum, Glaubenshort. Sie leistet wichtige Arbeit in Pflege, Betreuung, Kultur und Bildung. Sie bietet vielen Menschen eine geistige und soziale Heimat. Eine Gemeinschaft aus der viel Kraft, Hoffnung und Ermutigung geschöpft werden kann. Und sie ist ei8ne wichtige Stütze für die Demokratie und Gesellschaft.
Kann ein Einzelner in einem Gremium wie der Landessynode in Hannover überhaupt Akzente für die Menschen hier in der Region setzen?
Stephan Liebing: Ja, natürlich. Auch wenn die Synode als Gremium agiert und beschließt, kann ich mich mit meiner Stimme aktiv in Debatten und Entscheidungsprozesse einbringen. Durch Anträge, Redebeiträge und Diskussion (Überzeugungsarbeit) kann ich Einfluss nehmen. Dadurch auch Mehrheiten für Themen und Positionen gewinnen und damit eigene Akzente setzen. Wenn ich nicht davon überzeugt wäre, dass ein Einzelner etwas bewirken kann dann wäre eine Kandidatur nicht sinnvoll gewesen.
Und ich niemals allein, Gott ist immer bei mir.
Uwe Brinkmann: Natürlich sind alle Beschlüsse der Landessynode für alle Regionen unserer Landeskirche und deshalb nicht nur für unsere Region. Aber wir können für unsere Region unsere Perspektive und unser Wissen um die Herausforderungen unserer Region in die Entscheidungsprozesse einbringen. Das setzt Akzente für die Menschen hier in der Region.
Welche Rolle spielt Kirche ganz persönlich in Ihrem/eurem Alltag?
Uwe Brinkmann: Als Pastor spielt die Kirche natürlich eine große Rolle in meinem Alltag. Die Arbeit in der Kirche ist für mich aber nicht nur Broterwerb. Sie bietet die Möglichkeit in Zusammenarbeit mit vielen tollen Menschen, Veranstaltungen, Gottesdienste, Gebäude und Organisationsstrukturen zu gestalten. Das mache ich wirklich gerne.
Stephan Liebing: Als Kind und Jugendlicher (aufgewachsen in der ehemaligen DDR) hatte ich keinerlei Berührungspunkte mit Religion und Kirche. Erst nach und nach habe ich zum Glauben gefunden. Ein wichtiger Begleiter auf diesem Weg, war Pastor Gerhard Bergner. Der Austausch mit ihm, dem Kennenlernen und Verstehen aber auch das erleben von Trost und Kraft, haben meinen Glauben wachsen lassen. Als ich mich im Alter von 40 Jahren (zusammen mit meiner Tochter) habe taufen lassen, habe ich mich bewusst für ein Leben mit Gott entschieden.
Der Halt im Glauben und in der Gemeinschaft, ist jeden Tag immer wieder eine unerschöpfliche Kraftquelle, eine Heimat für meine Seele. Ich lebe meine Alltag in dem Vertrauen zu Gott. Kirche/Religion spielt nicht nur eine Rolle sondern ist die Hauptrolle die alles ausfüllt. Und seitdem ich seit fast Jahren Lektor bin, darf ich von meinem Weg etwas weitergeben.
Wie sollte die ideale Kirche in fünf oder zehn Jahren aussehen?
Stephan Liebing: Darauf gibt es keine einfache/richtige Antwort und gibt es nicht die „ideale“ Kirche.
Jedem ist bewusst, dass die nächsten Jahre großen Veränderungen für die Kirche mit sich bringen werden. Weniger Geld, weniger Mitglieder, weniger gesellschaftlicher Einfluss. Dann reden wir vielleicht nicht mehr nur über Gesamtkirchengemeinden sondern über Regionsgemeinden.
Wichtige Teile wie Gottesdienst, Gemeinschaft, und der Dienst am Nächsten bleiben bestehen, werden sich aber an die Veränderungen anpassen müssen. Und auch andere Begegnungs- und Beteiligungsformen werden an Bedeutung zunehmen. Ehren- und Hauptamtliche werden noch enger und auch wertschätzender zusammenarbeiten.
Kirche wird anders aber nicht schlechter sein. Kirche als Gemeinschaft Jesu Christi wird es immer geben, davon bin ich fest überzeugt, wenn auch in veränderter Form.
Uwe Brinkmann: Kirche in fünf bis zehn Jahren ist – wenn es gut geht – geprägt von den Menschen, die als Teamerinnen und Teamer in der Konfirmanden-, Kinder und Jugendarbeit mitgearbeitet haben und wird unterstützt durch Pastor:innen, Diakon:innen und Kirchenmusiker:innen, die digital unterstützt und mit persönlichem Engagement, Kirche für und mit Menschen gestalten. Ich als „Boomer“ im Ruhestand, werde dann vielleicht im Wissenstransfer, einzelnen Veranstaltungen oder bei Vertretungen dabei sein.
Christian Dolle