Die verhängnisvolle Seite Martin Luthers

Nachricht Zellerfeld, 04. Juli 2016
Pastor André Dittmann eröffnete die Ausstellung
Pastor André Dittmann eröffnete die Ausstellung. Foto: Christian Dolle

Eröffnung der Ausstellung „Ertragen können wir sie nicht – Martin Luther und die Juden“

Ihre Häuser sollen zerstört, ihre Synagogen in Brand gesetzt werden. So forderte Martin Luther, mit den Juden umzugehen. „Mich erinnert es an das, was auch führende Nationalsozialisten über Juden zu sagen wussten“, sagte Pastor André Dittmann bei der Ausstellungseröffnung „Ertragen können wir sie nicht – Martin Luther und die Juden“ in der St. Salvatoris-Kirche in Zellerfeld am Montag.

Das große Reformationsjubiläum 2017 steht kurz bevor, so dass die Zellerfelder Gemeinde und der Kirchenkreis Harzer Land sich intensiv mit Luthers Verhältnis zum Judentum auseinandersetzen wollen. Die Ausstellung befasst sich mit der Juden vor 500 Jahren in Europa und Luthers Äußerungen. Nicht zuletzt auch mit denen frühen, die dazu aufrufen, Juden eben nicht auszugrenzen, machte Dittmann deutlich, und auch mit der Tatsache, dass Luther relativ wenig Kontakt zum jüdischen Leben hatte.

„Wir wollen wirklich feiern und wir sind uns sicher, dass es dafür einen guten Grund gibt“, sagte Superintendent Volkmar Keil. Doch das Reformationsjubiläum sei eben keine Heiligenverehrung und Verklärung, sondern nehme Luther als Mensch und daher auch seine „verhängnisvollen“ Seiten wahr. Dazu gehört eben auch sein offener Hass auf die Juden, der gerade aus heutiger Sicht mit großem Erschrecken betrachtet wird.

Keil sprach von Luthers Antijudaismus, der kein Antisemitismus sei und zeigte schon mit dieser Begrifflichkeit auf, wie komplex das Thema ist und warum es differenziert betrachtet werden sollte. Dabei können die Vorträge im Rahmen der Ausstellung helfen. Den ersten hielt Studierendenpfarrer Dr. Heiner Wajemann bereits am Dienstag und ging darin auf die religiösen und gesellschaftlichen Umwälzungen der Reformationszeit und das Verhältnis zu den Juden im 16. Jahrhundert ein.

Firouz Vladi von der Arbeitsgemeinschaft Spurensuche Harz wird am Dienstag, 12. Juli, ab 19.30 Uhr zum Todesmarsch durch den Harz im Jahr 1945 referieren und Dr. Gabor Lengyel, Rabbi der liberalen jüdischen Gemeinde in Hannover und Dozent am Institut für Theologie und Religionswissenschaft an der Leibniz Universität Hannover, am Donnerstag, 28. Juli, ab 17 Uhr über das Verhältnis zwischen Christen und Juden.

Das orientiert sich heute in der Landeskirche nicht mehr an Luther, sondern an der Gleichstellung aller Kirchen und ist geprägt von Verbundenheit im ausdrücklichen Wissen um die Schuld unserer Kirche den Juden gegenüber, machte Keil bereits am Montag deutlich. Somit hat sich in der Kirche einiges dank und anderes seit Luther verändert.

Außerdem wies Keil noch auf den regionalen Kirchentag zum Motto „Danke, Martin!“ vom 1. bis 3. September 2017 in Osterode hin, bei dem Dietrich Grönemeyer den Festvortrag halten und viel Musik für den passenden Rahmen sorgen wird. Die musikalische Einstimmung auf die Ausstellung kam in Zellerfeld von Anja und Uwe Klußmann, die sich Luthers Werk durch eine Variation und Improvisation seines Kirchenliedes „Ein feste Burg ist unser Gott“ vermischt mit dem Thema des „Pop-Oratoriums Luther“ von Dieter Falk und Michael Kunze näherten. Gerade durch die beiden Musiker wurde noch einmal deutlich, wie spannend es sein kann, Martin Luther immer wieder neu und in seinen vielen Facetten zu entdecken.

Die von Hanna Lehming, Referentin für christlich-jüdischen Dialog, konzipierte Ausstellung ist noch bis zum 29. Juli täglich von 15 bis 17 Uhr in der St. Salvatoris-Kirche in Clausthal-Zellerfeld zu sehen. Mittwochs um 17 Uhr gibt es zudem Extra-Führungen zum Preis von 3 Euro.

 

Christian Dolle, Öffentlichtskeitsbeauftragter des Kirchenkreises Harzer