Kunst kann Augen öffnen, sie schenkt tiefe Einsichten

Nachricht St. Andreasberg, 27. Februar 2016
Die Symbolik vieler Werke erschließt sich erst bei genauem Betrachten
Die Symbolik vieler Werke erschließt sich erst bei genauem Betrachten. Foto: Christian Dolle

Ausstellung des syrischen Künstlerehepaars Ayman und Neshim Darwich in St. Andreasberg

Jeder Künstler, jeder kreative Mensch kann sich vielleicht ausmalen, wie schlimm es sein muss, all seine Werke bei einer Flucht zurücklassen zu müssen. Genau das ist dem Ehepaar Ayman und Neshim Darwich aus dem syrischen Palmyra passiert, denn genau wegen ihrer Bilder waren sie durch den sogenannten Islamischen Staat bedroht. Einige habe er vergraben oder versteckt, erzählt Ayman Darwich, doch ob er diese Zeugnisse seines Schaffens je wiedersieht, ist ungewiss.

Nach der Flucht über das Mittelmeer und die Balkanroute sind inzwischen neue Bilder entstanden, in der Erstaufnahmeeinrichtung in St. Andreasberg knüpfte das Künstlerpaar Kontakt zum ebenfalls kreativ tätigen Ehepaar Monika und Hans-Joachim Wildner aus Barbis. Sie organisierten ihnen Leinwände, Papier und Farben, so dass die Darwichs am vergangenen Sonntag zur Vernissage ihrer ersten Ausstellung in Deutschland einladen konnten.

Viele waren trotz Umbauarbeiten und frostiger Kälte in die Martini-Kirche gekommen, um diese besonderen Werke zu sehen, Deutsche wie Flüchtlinge aus der Rehberg-Klinik. Im Grunde passe die Kirche im Zustand der Renovierung gut als Bild für unsere Welt im Wandel, sagte Pastor Walter Merz. „Kunst kann Augen öffnen, so war es immer schon, sie schenkt tiefe Einsichten“, ging er auf die Bilder ein. Angesichts einer solchen Ausstellung müsse man neben allen Fragen nach Herausforderungen durch die Flüchtlingskrise auch fragen, welche Bereicherung diejenigen sind, die zu uns kommen und wie sehr uns die Not anderer berührt.

Die Not der aus ihrer Heimat flüchtenden berührt in den Bildern des Ehepaars Darwich vor allem durch den immer wieder hoffnungsvoll nach vorne gerichteten Blick. Zwar werden immer wieder auch Szenen oder symbolhafte Darstellungen aus Syrien und von der Flucht gezeigt, doch im Zentrum steht meist die Sehnsucht auf einen derzeit noch in weiter Ferne liegenden Frieden.

Neshim und Ayman Darwich nahmen sich viel Zeit, um die einzelnen Elemente und manchmal auch die Gesamtaussagen der Bilder zu erläutern und viele der Anwesenden wollten es auch sehr genau wissen. Schließlich ist deutlich erkennbar, dass sich hier nicht nur jemand kreativ ausleben wollte, sondern jedes einzelne Werk eine oft bedrückende Aussage hat.

Das gilt allerdings nicht nur für die Bilder der Darwichs, sondern insbesondere auch für die Kinderzeichnungen, die die Ausstellung abrunden. Auf allen Stationen ihrer Flucht baten sie ihre eigenen und fremde Kinder um deren Zeichnungen, und die stellen den Krieg, die Angst und die Sehnsüchte noch einmal aus einem ganz anderen Blickwinkel dar.

Um einige Kinder wird sich inzwischen in St. Andreaserg gekümmert, doch trotz vieler Spenden aus der Bevölkerung reicht insbesondere die Kleidung für Kinder ab fünf Jahren, erläutert die Diakoniebeauftragte Silvia Steinbach. Somit dankt sie nicht nur allen, die sich bereits eingebracht haben, sondern ruft auch zu weiteren Spenden auf. „Uns ist schon klar, dass viele keine Kinderkleidung mehr abgeben können, weil sie das schon getan haben“, sagt sie, „daher würden uns auch Geldspenden, von denen wir dann etwas einkaufen können, sehr weiterhelfen.“ Ein Konto hat die ev.-luth. Kirchengemeinde Sankt Andreasberg bei der Sparkasse Goslar, IBAN: 25 2685 0001 0000 0097, BIC: NOLADE21GSL, eingerichtet. Als Verwendungszweck sollte unbedingt „Kleidung für Flüchtlinge“ angegeben werden.

Dass jede Hilfe auf Dankbarkeit trifft, zeigte sich in den Worten, die Ayman und Neshim Darwich an die Gemeinde richteten. Sie sind vor Krieg und Hunger aus ihrer Heimat geflohen und fanden hier in Deutschland viele helfende Hände, so dass sie inzwischen wieder Hoffnung auf eine friedliche Zukunft für ihre Kinder haben, sagten sie. Ihre Bilder, die noch bis Karfreitag täglich von 11 bis 17 Uhr in der Martini-Kirche zu sehen sind, sollen ein Stück zu diesem Frieden beitragen.

Christian Dolle, Öffentlichtskeitsbeauftragter des Kirchenkreises Harzer