Sprachkurse als Schlüssel zur Integration
Der wichtigste Schlüssel, um Zugang zu einer Gesellschaft zu bekommen, ist deren Sprache. Das gilt für jeden, der in der Ferne eine neue Heimat sucht und derzeit besonders für die Flüchtlinge in Deutschland. Je besser sie unsere Sprache lernen, desto leichter fällt ihnen die Integration und desto eher lassen sich gegenseitige Missverständnisse und kulturelle Hürden überwinden. Im Landkreis Osterode bietet insbesondere die gemeinnützige GmbH STArQ für Menschen flächendeckend von Bad Grund bis nach Bad Sachsa Sprach- und Integrationskurse an.
Doch wie sehen die inhaltlich eigentlich aus? Was genau wird dort gelehrt? Wieviel Deutsch bleibt am Ende tatsächlich hängen? Eine knappe Antwort darauf gibt es nicht, denn die Kurse sind modular aufgebaut, orientieren sich an der Sprachkompetenz der Teilnehmer von denen, die bisher kein Wort Deutsch sprechen bis hin zu jenen, deren Sprachkompetenz für den Arbeitsmarkt optimiert werden soll.
In einem Kurs von Dagmar Wagner-Kunz sitzen knapp 20 Menschen aus unterschiedlichen Nationen, die sich gerade mit der Anrede beschäftigen. Wann sagt man „Du“, wann „Sie“? Wie steht es mit dem „Ihr“? Wann ist das „Sie“ eine Anrede, wann ein Pronomen? Schon für Muttersprachler ist es oft nicht einfach zu erklären, wann bei der Anrede die Höflichkeitsform geboten ist, ganz zu schweigen von der grammatikalische Beschreibung dieses Themenkomplexes.
Doch diese Menschen aus Syrien, Iran, der Türkei, Mazedonien, dem Kosovo, Russland, Rumänien und der Ukraine wollen die Deutschen anreden, mit ihnen in Kontakt kommen und sich hier verständigen können. Daher müssen sie sich mit der trockenen Theorie herumärgern, die ihnen zum Glück mit ganz praktischen Beispielen nahegebracht wird. „Kommen Sie aus Syrien?“ ist etwas anderes als „Kommen sie aus Syrien?“, einmal geht es um den Gesprächspartner, einmal um Außenstehende. Leicht ist das nicht. Ihre Sitznachbarn können sie alle zum Glück fragen: „Wo kommst du her?“, auch wenn die Verben in der zweiten Person Singular ebenfalls nicht einfach zu bilden sind.
Fast schon erstaunlich ist, welchen Ehrgeiz sie alle an den Tag legen, auch noch als es darum geht, Verbformen zu konjugieren, und mit wieviel Spaß hier alle bei der Sache sind. Das lässt sich vielleicht dadurch erklären, dass sie durchs gemeinsame Lernen auch freundschaftliche Kontakte knüpfen und mit jedem sprachlichen Fortschritt, den sie machen, einen Schritt mehr in Deutschland ankommen.
Aus Sicht von STArQ ist dieser Kontakt verschiedener Muttersprachler ausdrücklich erwünscht. Zwar wird versucht, die Kurse so zusammenzustellen, dass die Lehrer von Englisch und Französisch über Russisch bis hin zum Arabischen jeweils Fremdsprachenkenntnisse mitbringen und somit auch auf manch spezifisches Problem eingehen können, doch Ziel ist auch immer der Zwang, Deutsch zu sprechen und das Gelernte somit anzuwenden, erläutert Einrichtungsleiter Stefan Kühn. Außerdem geht die Arbeit von STArQ weit über das reine Erlernen der Sprache hinaus, es geht um Integration und den Schritt auf den deutschen Arbeitsmarkt.
„Auch Bleibegeschichten werden hier geklärt, Kontakte zu Rechtsanwälten hergestellt und eng mit dem Landkreis oder den Städten zusammengearbeitet“, erläutert Kühn. Er sehe sich als Teil eines Netzwerkes, bei dem es auch darum geht, ganz individuell Verbindungen zu Kirchengemeinden, Schulen oder Vereinen zu nutzen, schlicht alles zu tun, um die Integration so reibungslos wie möglich zu gestalten. „Wir haben es hier ja oft mit gebildeten Leuten zu tun, von denen viele sehr schnell deutsch lernen“, erläutert er.
Vielleicht ist das auch der Antrieb für alle auf Honorarbasis und auch ehrenamtlich Beschäftigten, sich dieser Arbeit anzunehmen und sich immer wieder mit Hürden zu befassen, die häufig erst als solche erscheinen, wenn man mit einer Flüchtlingsfamilie vor einem deutschen Busfahrplan steht und diesen erklären muss.
Ganz aktuell ist das Projekt „Gut ankommen in Niedersachsen“ angelaufen, das jeden Donnerstag von 15 bis 18 Uhr einen Elterntreff mit begleitender Kinderbetreuung, jeden Freitag von 14 bis 17 Uhr ein Musikprojekt mit Familie Hampe und ab März auch jeden Mittwoch von 14.30 bis 17.30 Uhr ein Theaterprojekt umfasst. Zwar geht es auch dabei um Sprache, allerdings in ihrer Anwendung bei gemeinsamen Aktivitäten, die Spaß machen, die Gemeinschaft fördern und neue Wege hier im Südharz aufzeigen.
Weitere Informationen zu allen Angeboten von STArQ sind unter www.starq-menschen.de zu finden.
Christian Dolle, Öffentlichtskeitsbeauftragter des Kirchenkreises Harzer