
Wenn Kirchenvorsteher aus ihrem Amt ausscheiden finden sich oft nur schwer Nachfolger
Seine Konfirmanden frage er häufig, was typisch katholisch sei, erzählte Pastor Michael Bohnert am vergangenen Sonntag in seiner Predigt in der St. Aegidienkirche. Die Antworten darauf sprudelten meist nur so heraus. Und was, so frage er anschließend weiter, ist typisch evangelisch? Hier komme das Feedback meist deutlich zögerlicher.
Die Kirchenvorstände, also die Mitarbeit und Übernahme wichtiger Ämter aus den Reihen der Gemeinde, sie seien eines dieser Aushängeschilder der evangelischen Kirche. „Von den Konfirmanden werden die Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher zunächst einmal als als unspektakulär empfunden“, fuhr Bohnert fort, „doch die Presbyter, die Ältesten, sind gut biblisch, sie spielen bereits im Neuen Testament eine wichtige Rolle, denn die Leitung der Kirche ist Sache aller Getauften.“
Der Grund, warum es in diesem Gottesdienst um die sogenannten „Vorbilder der Herde“ ging, war das Ausscheiden von Hannelore Fröchtenicht und Karlheinz Breuer aus dem Kirchenvorstand der Gemeinde. Aus persönlichen Gründen können beide die jetzige Amtsperiode, die noch drei Jahre andauert, nicht vollenden. So wurden sie in einem feierlichen Gottesdienst verabschiedet und hinterließen nicht nur herzlichen Abschiedsworten eine große Lücke.
Wer ihnen nachfolgt ist noch vollkommen ungewiss. „Wir haben natürlich schon viele Gemeindeglieder angesprochen, doch die meisten haben keine Zeit für ein solches Ehrenamt oder aber keine Zeit für noch ein weiteres Ehrenamt, weil sie ohnehin schon genug Posten haben“, erzählte Hannelore Fröchtenicht nach dem Gottesdienst. Sie selbst habe das Amt über 15 Jahre lang ausgefüllt und muss nun gesundheitlich kürzer treten.
Das ist beinahe typisch für fast alle Kirchenvorstände im Kirchenkreis. Häufig gibt es ein eingespieltes Team, das mit viel persönlichem Einsatz gute Arbeit leistet, doch wenn jemand – oft aus Altersgründen – ausscheidet finden sich nur selten neue Interessenten für ein Ehrenamt, das weit über Geldeinsammeln und ein bisschen Vorlesen, wie die Konfirmanden es zunächst wahrnehmen, hinausgeht.
Tatsächlich ist der Kirchenvorstand nicht nur typisch evangelisch, sondern auch wichtig für den Zusammenhalt der Gemeinde und ohne ihn wäre vieles, was innerhalb der Kirche läuft, nicht möglich, machte Pastor Bohnert deutlich, der seinerseits Vakanzvertreter in der Gemeinde ist und sich daher über gut funktionierende Strukturen freute, für die er dem gesamten Kirchenvorstand wie auch dem ehemaligen Pastor Horst Reinecke dankte.
Gemeinde brauche Mitarbeit und jene Vorbilder, die sie zusammenhalten, stellte er heraus. „Dabei geht es nicht ums Gesehenwerden oder um Pöstchen, wen das treibt, der hat in Gottes Weinberg nichts verloren.“ Vielmehr stehe die Liebe zu Jesus Christus und zur Gemeinde über allem, wobei auch ein wenig Sachverstand nicht schade. Vielleicht findet sich ja noch jemand, der diese Voraussetzungen mitbringt.
Öffentlichtskeitsbeauftragter des Kirchenkreises Harzer Land Christian Dolle