"Es ist noch ein weiter Weg bis zum Frieden auf Erden"

Nachricht Willershausen, 22. Dezember 2015
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Bild: Mareike Koch

Krippenspiele im Harzer Land: Willershausen feierte Generalprobe in einer Scheune

Viele kleine Englein stehen auf der Bühne in einer Scheune in Willershausen und warten auf ihren großen Auftritt. Die Aufregung ist spürbar: Alle flüstern durcheinander, springen umher und ärgern sich gegenseitig. „Das machst Du ganz toll“, sind von der anderen Seite noch aufmunternde Worte zu hören. Dann geht es los, die Generalprobe des Krippenspiels „Vom Engel, der nicht Mitsingen wollte“, startet. Und zwar mit dem gemeinsam gesungenen Lied „Ihr Kinderlein kommet“. Letztes Jahr wurde das Krippenspiel zum ersten Mal in einer Scheune aufgeführt. Um die Besucher, die Heiligabend nicht in die Westerhofer Kapelle kommen können, vor Ort in Willershausen den Besuch des Krippenspiels zu ermöglichen. Diesmal ist die Scheune von Michael Blumenschein Austragungsort. Ungefähr 120 Besucher haben den Weg hierher gefunden. „Wisst ihr, manchmal träumen wir Kinder… Davon, dass alle Kinder auf der Welt satt werden! Und davon, dass es alle Kinder warm haben, wenn es draußen kalt ist“, haben zwei Kinder das erste Wort im Krippenspiel. Sie sprechen zu den Engeln, die gleich darauf das nächste Lied anstimmen: „Kommet ihr Hirten.“  Doch in der dritten Strophe rufen einige Engel plötzlich: „Aufhören, aufhören, aufhören!“. Sie halten sich die Hände an die Ohren und singen nicht mehr mit. Und im Nu ist es ganz still in der Scheune. Dann meldet sich ein Engel zu Wort: „Ihr habt den Chor kaputt gemacht! Warum wollt ihr nicht singen?“ Und die fünf störrischen Engel antworten nacheinander: „Als wir‚ nun soll es werden Friede auf Erden‘ gesungen haben, da konnte ich nicht mehr weitersingen. Ich konnte unseren Gesang nicht mehr ertragen.“ Und weiter: „Die Soldaten verbreiten Angst und Schrecken! Auch sonst herrscht Streit und Gewalt zwischen den Menschen. Geld regiert die Welt!“ Als der Engelschor die Strophe erneut anstimmt, singen die fünf Engel noch immer nicht mit. „Das was wir singen, passt nicht zusammen mit dem, was auf der Erde los ist. Da ist kein Friede und das halten wir nicht aus“, begründen sie. Da sagt ein Kind: „Engel sollten nicht streiten.“ Und ein weiser Engel ergreift das Wort: „Dieses Kind, dem wir heute das Geburtslied singen, soll unseren Frieden in die Welt bringen.“ Und die Engel sind sich wieder einig: „Wenn das so ist, singen wir mit!“ Doch dafür ist es zu spät, die Engel werden zur Erde gesandt, um den Frieden Gottes zu den Menschen zu bringen. Nach dem Lied „Es ist ein Ros entsprungen“ kommen die Engel in zerschlissener Kleidung auf die Bühne zurück. 2000 Jahre waren sie unterwegs und verkünden: „Ich habe versucht, zu verhindern, dass dieses arme Paar nach Bethlehem gehen muss. Aber ich wurde wegen Aufwiegelei verhaftet“. Und ein anderer Engel sagt: „Ich habe Brot geteilt, wenn eigentlich nichts da war zum Teilen.“ Sie haben auf der Erde zu den Menschen gesungen. Mitten in den Städten, mitten in allen Religionen und Konfessionen und mitten in allen Ungerechtigkeiten und in allem Streit. Sogar inmitten der Trümmer von Erdbeben und Tsunamis, in Flüchtlingslagern und bei Kindersoldaten. „Es ist noch ein weiter Weg bis zum Frieden auf Erden – helft uns, macht mit!“, sagt ein Engel zum Abschluss, bevor alle gemeinsam die gute Botschaft singen: „Lobt Gott ihr Christen alle gleich.“

Dies ist ein stellvertretendes Beispiel für viele Krippenspiele im Kirchenkreis Harzer Land, die an Heiligabend aufgeführt werden. „Ich glaube es ist ein Höhepunkt für Familien am Heiligen Abend. Krippenspiele sind sehr unterschiedlich: Einige sind nah an der eigentlichen Weihnachtsgeschichte, andere thematisieren sie kritisch – und beides ist gut. Und sie alle machen Weihnachten erlebbar und sichtbar“, findet Superintendent Volkmar Keil und wünscht schöne und gesegnete Weihnachten.

Mareike Koch, Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreis Harzer Land

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