Frieden und Sicherheit für die Kinder ist das Wichtigste

Nachricht Dorste, 20. Dezember 2015
Birus, Davin, Lavin und Serket
Birus, Davin, Lavin und Sekretariat

Flüchtlingsehepaar brachte seine zweite Tochter in Dorste zur Welt

Mit seiner schwangeren Frau Birus und seiner zweijährigen Tochter Lavin floh Serket im August aus dem Nordirak. Über Istanbul und die sogenannte Balkanroute kam die kleine Familie in einem Lkw nach Deutschland. Nur wenige Tage vor Weihnachten kam in Dorste ihre zweite Tochter, Davin, zur Welt, für die sich die Eltern hier eine sichere Zukunft wünschen.

Als Jesiden werden sie in ihrer Heimat von den Anhängern des IS als Ungläubige verfolgt, haben in der letzten Zeit dort Morde mitansehen müssen und erlebt, wie anderen Eltern ihre Kinder weggenommen und verkauft wurden. Für den IS gelten Jesiden als Heiden aus vorislamischer Zeit,  so dass Frauen und Mädchen als Sexsklavinnen verkauft werden dürfen die Auslöschung der Religion als eines der Ziele der Terrororganisation formuliert wurde. „Wir hatten Angst, extrem viel Angst“, erzählt Birus, so viel, dass sie die Flucht auch als Schwangere auf sich nahm. Schließlich wollen sie nichts mehr als dass ihre Kinder in Frieden, Freiheit und Sicherheit aufwachsen und nicht unter dem Eindruck der Gräuel des Krieges und ständiger, geradezu unabwendbarer Bedrohung.

Jetzt, da die kleine Davin gesund zur Welt gekommen ist, schöpfen sie Hoffnung, allerdings auf ein neues Leben in Deutschland und nicht auf eine Rückkehr in die Heimat. „Ich glaube nicht, dass der Krieg dort bald zu Ende geht“, sagt Serket, „und selbst wenn es so sein sollte, glaube ich nicht daran, dass es Frieden geben wird, sondern weitere Konflikte und für uns Jesiden keine Sicherheit.“  Diese Einschätzung ist nicht nur seine, auch internationale Politiker und Journalisten rechnen in absehbarer Zeit nicht mit stabilen Verhältnissen im Irak und Syrien.

In Deutschland gehört der Irak noch immer zu jenen Ländern, aus denen die meisten Menschen zu uns kommen, in der Statistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) steht er für den Zeitraum von Januar bis November 2015 auf dem fünften Platz der Herkunftsländer. Die aktuellen Zahlen des BAMF besagen außerdem, dass im November mehr als 80 Prozent der nach Deutschland eingereisten Iraker nach Paragraph 3 des Asylgesetzes „aus begründeter Furcht vor Verfolgung“ wegen ihrer „Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe“ als Flüchtlinge anerkannt wurden.

Das allerdings steht Serket und seiner Familie noch bevor. Von Friedland aus wurden sie zunächst einmal nach Dorste verteilt und warten jetzt auf ihre Anhörung. Natürlich haben sie trotz der aussichtsreichen Quoten Angst vor der Abschiebung, die quälende Ungewissheit kann ihnen niemand nehmen. Hinzu kommt die Angst um ihre Eltern und Geschwister, die noch im Irak leben und von denen sie nur ab und zu ein Lebenszeichen bekommen.

Für konkrete Träume und Wünsche für die Zukunft ihrer Kinder ist es noch zu früh. Erst einmal ist wichtig, dass sie dem Terror des IS entkommen und in Sicherheit sind. Alles weitere, wie sie sich und den Kindern hier eine Existenz aufbauen können, kommt später. Dennoch knüpfen sie dank ihrer ehrenamtlichen Paten und Nachbarn erste Kontakte und wollen anfangen, Deutsch zu lernen. Die zweijährige Lavin schnappt schon jetzt erste deutsche Wörter auf und freut sich, wenn die Paten sie verstehen. Was die Zukunft für sie und ihre Kinder bereithält, wissen Birus und Serket nicht, doch sie hoffen, dass auch die kleine Davin Deutschland als ihre Heimat erkunden und hier ohne Anfeindungen aufwachsen kann.

Christian Dolle, Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreis Harzer Land