„Ich glaube, die Deutschen haben in Sachen Hilfe dazugelernt“

Nachricht Kirchenkreis Harzer Land, 01. Oktober 2015
Familie Kurteshi mit Bajrushs Eltern und zwei der vier Kinder
Familie Kurteshi mit Bajrushs Eltern und zwei der vier Kinder; Foto: Christian Dolle

Aus Sorge um die Kinder möchte eine Roma-Familie dauerhaft in Deutschland bleiben

Roma gelten als eine der Volksgruppen unter den Flüchtlingen mit den geringsten Chancen, dauerhaft in Deutschland bleiben zu dürfen. Das weiß auch Bajrush Kurteshi, der mit seiner Familie aus Skopje in Mazedonien in den Harz kam. Bereits vor 20 Jahren kam er mit seinen Eltern nach Deutschland, lebte damals in Bad Sachsa, kehrte dann jedoch in die Heimat zurück. Inzwischen ist er erneut hier, stellte für sich und seine Familie einen Asylantrag, weil Roma in den Ländern des ehemaligen Jugoslawien immer noch diskriminiert würden und er insbesondere für seine Kinder dort kaum Chancen sieht.

Die Familie lebt jetzt in Förste, Bajrush arbeitet als als Dolmetscher für sechs Sprachen und trägt Zeitungen aus. „Ich will mein eigenes Geld verdienen“, sagt er, „nicht von staatlicher Unterstützung und anderen abhängig sein.“ Die Kinder, seine Frau Sanela und seine Eltern fühlen sich in der Schule, in Sportvereinen wie auch in der Nachbarschaft gut aufgenommen, lernen Deutsch und tun alles, um sich hier zu integrieren.

„Wir fühlen uns wie im Paradies“, sagen sie, „alle Leute sind wirklich nett zu uns und Negatives haben wir noch nicht erlebt.“ Auch vor 20 Jahren in Bad Sachsa machte Bajrush nur positive Erfahrungen, sagt aber auch: „Ich glaube, die Deutschen haben in Sachen Hilfe dazugelernt.“ Damals seien er und seine Familie nett aufgenommen worden, heute wissen viele Nachbarn, wie sie tatkräftig helfen können und unterstützen genau in jenen Bereichen, wo Neubürger häufig allein nicht weiterkommen.

Dass sich manche Deutschen Sorgen wegen der vielen Flüchtlinge machen, kann er sogar verstehen, schließlich gebe es einige, die sich nicht integrieren können oder wollen, und vor allem viele Deutsche, die ja gar keinen persönlichen Kontakt zu Flüchtlingen haben. Angst machen ihm die derzeit häufig sehr laut geäußerten Vorbehalte nicht. „Bei uns zuhause sind wir in Angst geübt. Hier haben wir keine“, sagt er. Zudem zeige seine Erfahrung, dass der persönliche Kontakt gegenseitige Vorurteile abbaut und Gemeinsamkeiten aufzeigt.

Was den Optimismus trübt, ist allerdings die Sorge, ob sie dauerhaft hierbleiben dürfen. Immerhin gilt Mazedonien als sicherer Herkunftsstaat. „Für Mazedonier ist es das auch. Aber für uns Roma sind die Balkan-Länder nicht unbedingt sicher, wir brauchen Hilfe“, sagt Bajrush Kurteshi. Dabei findet er das deutsche System der Aufnahme gut und auch, dass Asylanträge zunächst geprüft werden. Nur sei eben die tatsächliche Situation für Roma in seiner Heimat anders als es offiziell dargestellt werde. Und als Familienvater denke er nun einmal an die Sicherheit und die Zukunftschancen seiner Kinder.

Hier fühlt er sich wohl und möchte gerne zur Bereicherung der Region beitragen. „Wenn wir bleiben dürfen, würde ich gerne einen Dönerladen aufmachen“, sagt er, „der fehlt hier in der Umgebung noch und unsere ganze Familie könnte dann arbeiten.“

Christian Dolle, Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreis Harzer Land