„So geht es nicht, du musst dich bekennen“

Nachricht Osterode, 26. September 2022

Verabschiedung von Pastor Michael Bohnert in St. Jacobi Osterode

@Christian Dolle

In der vollbesetzten Osteroder Schlosskirche wurde Pastor Michael Bohnert am vergangenen Sonntag offiziell in den Ruhestand verabschiedet. Warum so viele zu seiner letzten offiziellen Amtshandlung gekommen waren, zeigte sich schnell, denn auch diesmal gewann er seine Zuhörer*innen schnell für sich und verpackte seine Auffassung von christlichem Glauben in einer sehr anschaulichen und lebensnahen Predigt.

Darin erinnerte er an einen Sonntag, an dem er noch relativ frisch als Pastor in Osterode war, und eben nicht nur als Pastor, sondern auch als Fußballer. Daher wollte er seinerzeit auch beides unter einen Hut bringen, zwei Spiele und zwischendrin eine Trauung. Er erzählte, wie er also nach dem ersten Spiel vom Platz zur Kirche hetzte, sich schnell den Talar und schwarze Schuhe und vor allem ein großes Handtuch reichen ließ.

Nun haben Talare nicht unbedingt die Eigenschaft, besonders leicht und luftig zu sein, so dass das Handtuch nur bedingt ausreichte, um einen seriösen geistlichen Eindruck zu erwecken. „Ich dachte mir: So geht es nicht, du musst dich bekennen“, erzählte Michael Bohnert, was ihn damals beschäftigte. Trotz Bedenken hinsichtlich einer noch deutlich konservativeren Kirche und Gemeinde zeigte er dem Brautpaar also sein Trikot und beichtete seine Zeitnot.

Er habe damals wirklich Angst gehabt, die längste Zeit Pastor in Osterode gewesen zu sein, fuhr er fort, doch als er dann nach der Zeremonie zum zweiten Fußballspiel zurück auf den Platz kam, stand die gesamte Hochzeitsgesellschaft am Spielfeldrand und feuerte ihn an. Für ihn eine Bestätigung, dass Kirche und Alltag oder auch Spaß nichts voneinander Getrenntes sein sollten. „Ich habe immer versucht, meinen Glauben zu leben und meine aktuelle Lebenswelt mit dem Glauben zu verbinden“, machte er deutlich.

Im Festgottesdienst zeigte er eine Puppe, die er kurz darauf geschenkt bekam, eine, die ein Fußballtrikot und darüber einen Talar trägt. So haben Menschen ihn wahrgenommen, so wünschten sie sich ihren Pastor. Er wiederum bemühte sich immer, ihnen Glauben nahezubringen. „Vom grenzenlos liebenden Gott wollte ich Zeugnis geben“, beschrieb er sein Wirken der vergangenen fast 32 Jahre in der Predigt und stellte klar, dass Kirche für ihn kein Auslaufmodell ist, sondern auch heute gebraucht wird, um Menschen Halt zu geben und allen Hetzern, Kriegstreibern und Ausbeutern in der Welt etwas entgegenzusetzen.

Auch Superintendentin Ulrike Schimmelpfeng ging darauf ein, dass Michael Bohnert jemand war, der seinen Gemeinden Kirche nahebrachte, der auch jene erreichte, die nicht unbedingt jeden Sonntag zum Gottesdienst kommen. Osterode und der Kirchenkreis Harzer Land verdanken ihm viel, schloss sie, bevor Pastor Dr. Uwe Brinkmann die Urkunde verlas und sie Michael und seine Frau Rosita förmlich, aber ebenso herzlich verabschiedete.

Uta Herrmann und Wilfried Schröter als Kirchenvorstandsvorsitzende von St. Marien und St. Jacobi machten deutlich, dass sie ihn nicht so einfach gehen lassen wollen und er immer herzlich willkommen ist, wenn die Stadt nun neue Wege einschlägt und es künftig ein Teampfarramt und somit engere Zusammenarbeit der einzelnen Gemeinden geben wird. Auch die weiteren Grußworte von Helga Klages für die Stadt und besonders von den Kollegen Silke Dobers, Johanna Friedlein, Volker Dobers und Sascha Barth sowie Pastor im Unruhestand Friedrich Seven waren nicht von Wehmut geprägt, sondern von Humor, der diesen Abschied doch ein wenig leichter machte.

Christian Dolle