Pastor Walter Merz verlässt den Oberharz. Von außen betrachtet könnte es aussehen als hinterlasse er einige Baustellen. Die Kirche in St. Andreasberg ist noch eine, insgesamt wird für die Region gerade ein Konzept zur Regionalisierung geschnürt. Das ist damit auf den Weg gebracht und könnte wegweisend sein für etliche andere Regionen, in denen sich der demografische Wandel in den Kirchengemeinden bemerkbar macht. Und die Martinikirche hat eine neue Heizung und steht unmittelbar vor der Wiedereröffnung.
Bei näherer Betrachtung hat Pastor Merz also viele Weichen gestellt und auch sonst in den elf Jahren, die er nicht nur in St. Andreasberg, sondern auch in Altenau und Schulenberg sowie in allen Gemeinden im Oberharz und auch im Kirchenkreis Harzer Land gewirkt hat, viel strukturelle Arbeit geleistet und die neuen Wege, auf die Kirche sich begeben muss, mitgeprägt. Er spezialisierte sich in seiner Zeit hier auf die Arbeit mit älteren Menschen, schaffte es aber auch, die Generationen miteinander zu verbinden, und eben nicht nur die Generationen, sondern auch die Gemeinden untereinander.
Zum ersten Advent des Jahres 2010 kam er aus Berlin hier an, erzählt er, hat in den elf Jahren etliche Erfahrungen mitgenommen, hier eine Heimat gefunden. Trotzdem zieht es ihn jetzt wieder in seine alte Heimat in Rotenburg an der Wümme, sein erster Kirchenkreis, und jener Ort, an dem seine Frau und er Familie und Freunde haben und an dem sie gemeinsam alt werden wollen. Es ist also eine persönliche Entscheidung, wenn er dort künftig in der Stadtkirche wirken will.
Den Harz verlässt er dennoch mit viel Wehmut, denn natürlich sind ihm die Menschen hier ans Herz gewachsen und auch die besondere Stelle, die mit viel Fahrerei verbunden war. „Das hat mich nie gestört“, sagt er, denn gerade die Natur liebt er hier sehr. Besonders eine nächtliche Begegnung mit einem Luchs, der seinen Weg kreuzte, ist ihm in Erinnerung geblieben.
„Das Wichtigste für mich ist, dass wir diese Region hinbekommen haben“, sagt er, das heißt ein Konzept auf den Weg gebracht, das dem Rückgang von Gemeindegliedern und dem Pastorenmangel der kommenden Jahre standhalten kann. Allerdings weiß er auch, dass es nicht leicht werden wird, denn zwei Pastoren können natürlich nicht die gleiche Arbeit bewältigen wie bis jetzt drei Pastoren. „Den Anspruch darf man nicht haben“, sagt er und verweist auf die Kirchenvorstände, die künftig mehr Verantwortung tragen müssen, aber dementsprechend auch mehr Vertrauen genießen. Viele Ehrenamtliche, so seine Erfahrung, sind mit ihren Tätigkeiten am glücklichsten, wenn sie selbst frei schalten und walten können.
„Pastoren werden nicht mehr der Motor einer Kirchengemeinde sein“, stellt er fest, das gilt nicht nur für den Oberharz, sondern letztlich überall. Es ist der vielzitierte Wandel der Kirche, der notwendig ist und bei dem der Oberharz – sicher auch aus der Not heraus – vorangegangen ist. Im Rückblick ist Walter Merz froh, dass er diesen Wandel auf Gemeindeebene und auch in vielen Jahren als stellvertretender Superintendent mitgestalten konnte.
Doch halt, räumt er ein, wenn er zurückblickt, dann gibt es sogar etwas, was ihn noch mehr bewegt und beeindruckt hat. Das ist jene Zeit, in der die Rehberg-Klinik zur Unterkunft für Geflüchtete wurde und als die Kirchengemeinde maßgeblich daran mitgewirkt hat, das viele Menschen in St. Andreasberg gelebte Willkommenskultur erfahren haben. Es war eine Zeit der gemeinsamen Arbeit, die niemand hatte planen können und in der sich viele Stärken zeigten und christliche Nächstenliebe dem turbulenten Alltag standgehalten hat.
Christian Dolle