Das Leben feiern

Nachricht Osterode, 01. September 2017
Der Markt der Möglichkeiten war gut besucht
Markt der Möglichkeiten

Volles Programm und volle Kirchen beim Luther-Happening am Samstag

„Danke, Martin!“ war als Luther-Happening geplant, das das Leben feiert und die Vielfalt dessen, was Kirche zu bieten hat, voller Freude präsentiert. Dass dieser Plan aufging, zeigte sich am Samstag bereits am Vormittag als sich der Osteroder Kornmarkt mit Leben füllte und viele Menschen interessiert an den vielen Ständen der Kirchengemeinden und Einrichtungen des Kirchenkreises Harzer Land vorbeischlenderten.

Immerhin gab es ja auch eine Menge zu entdecken, so beispielsweise eine fast originale Presse wie sie seinerzeit Johannes Gutenberg erfunden hatte und damit nicht nur den Buchdruck erfand, sondern die Welt in Bezug auf den Informationsfluss revolutionierte. Sie war einer der Grundsätze, warum Martin Luthers Ideen und seine Übersetzung der Bibel ins Deutsche damals so viele Menschen erreichten und die Reformation anstießen.

Dabei hatte Luther das nie im Sinn, sondern sich nur intensiv mit Gottes Wort auseinandergesetzt. Das taten am Samstagmorgen auch der langjährige „Radiopastor“ Jan von Lingen in St. Marien und  Landessuperintendent Eckhard Gorka in St. Aegidien. Es ging um die Textstelle Röm 3, 19 – 28, in der Paulus deutlich macht, dass es für Gott um den Glauben mehr als um das Gesetz geht. Genau diese Stelle trieb auch Martin Luther um und er prangerte die Irrlehre der Kirche an und wollte sie „wachrütteln“, wie Jan von Lingen deutlich machte. „Statt Ablass zu kaufen sollen wir den Armen helfen, lautete eine seiner Thesen“, stellte er heraus. Sühne ist nicht eine Leistung des Schuldigen, sagte Eckhard Gorka zur gleichen Zeit an anderer Stelle. „Wir können Gott nicht versöhnen, er versöhnt.“ Daher finden wir Gott manchmal im Gegenteil dessen, was wir erwarten.

Wie die Erwartungen der Besucher an das Luther-Happening waren, lässt sich pauschal nur schwer sagen. Definitiv aber waren sowohl die Programmpunkte auf der Bühne wie auch in St. Aegidien durchweg gut besucht und auf dem Markt der Möglichkeiten wurde an vielen Ständen auch interessiert nachgefragt und es ergaben sich immer wieder Gespräche über – wie es so schön heißt – Gott und die Welt. Für die Veranstalter war „Danke, Martin!“ damit schon jetzt ein großer Erfolg.

Allerdings ging es ja mit dem Kinder- und Jugendmusical und später der Langen Kirchennacht in St. Jacobi noch weiter. Das Musical unter der Gesamtleitung von Jörg Ehrenfeuchter, bei dem der Kinderchor und die Jugendkantorei Herzberg/Osterode, die Chor-AG der Grundschulen Hörden und Röddenberg und die Jazz-Combo Bernd Nawothnig-Quartett mitwirkten war ein voller Erfolg. Müllmann und Bandleader Rocco Dilletanto rockte sich durch seinen Job und sorgte bei seinen Mitarbeitern für gute Laune. Bis er Herrn Millionski, Chef einer großen Bank, traf, der über seinen Ärger mit Vorstand und Aktionären klagte. Kurzerhand tauschten die beiden ihre Jobs und erlebten unermessliche Höhenflüge, eine geplatzte Kursgewinnblase und den Reichtum der Erkenntnis, wie schön es sein kann, wenn alles wieder den gewohnten Gang geht.

Eher ungewöhnlich ist hingegen, wenn eine Kirche auch am Abend und bis tief in die Nacht hinein noch gut besucht ist. In St. Jacobi war das der Fall, denn sowohl für die Jazzmesse wie auch für Anja und Martin Hampe und alle anderen Programmpunkte interessierten sich viele Besucher und harrten dementsprechend lange aus. Einer der Höhepunkte war das Kirchenkabarett mit dem kleinen Kirchenfreund Norbert Hammermeister, der sich über all den Luther-Nippes ausließ, den es im Luther-Jahr an jeder Ecke gibt. „Wir werden im Moment täglich zugeluthert“, stellte er fest und sorgte für zustimmendes Kopfnicken und Gelächter. Allerdings steht er trotzdem auf Luther, sitzt sogar auf ihm – bzw. auf seinem Luther-Stuhl, der allerdings nicht nur mit dem Reformationsjubiläum zu tn hat. „Meine kritischen Worte dürfte ich in der Kirche nicht sagen und singen, wenn es Luther nicht gegeben hätte“, so Hammermeister, „daher sage auch ich: danke, Martin!“

Das Experiment und das Ensemble Phantastique erbrachten die letzten musikalischen Beiträge und wurden dann trotz der fortgeschrittenen Stunde noch zu einigen Zugaben aufgefordert. Anschließend beendete Pastor André Dittmann die lange Nacht mit einer Andacht, in der er die vielen Programmpunkte des Tages und die glücklichen Gesichter der Besucher wie auch der Mitwirkenden Revue passieren ließ. Beides nämlich erfülle Menschen, so sagte er, und Gott ist mit denen, die viel leisten, ebenso wie mit denen, die sich Zeit nehmen, um das zu genießen. So bot das Happening an diesem Tag buntes kirchliches Leben, aber ebenso auch immer wieder Anstöße zum Innehalten und Nachdenken über das, was wirklich wichtig ist.

Christian Dolle