An die Freude

Nachricht Osterode, 31. August 2017
Sinfonie Nr 9 op 125 d-Moll
Solisten, Chor und Orchester

„Danke, Martin!“-Eröffnungsgala mit Dietrich Grönemeyer, Beethovens Neunter und Open Air-Party

„Eitelkeit und Egoismus triumphieren heute über den Humanismus“, stellte Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer in seinem Festvortrag zur Eröffnung des Luther-Happenings „Danke, Martin!“ fest. Zwar trat Martin Luther vor 500 Jahren für die Freiheit des Einzelnen ein, doch sein Menschenbild war eines, das von Nächstenliebe und Verantwortung geprägt war. Genau dieses müssen wir erhalten,  so Grönemeyer, um die Würde des Menschen und die Achtung vor der Schöpfung nicht kurzsichtiger Optimierung und verantwortungslosem technischen Fortschritt preiszugeben.

Neben der Freiheit stellte Luther die Freude als eine Dimension des Glaubens heraus, machte zuvor Superintendent Volkmar Keil deutlich. Nicht die Angst soll prägend sein, so die zentrale Botschaft der Reformation, die von den Menschen damals als Befreiung empfunden wurde und unsere Welt bis heute prägt. Daher soll das Reformationsgedenken auch als Happening gefeiert werden und daher wurde auch ganz bewusst Ludwig van Beethovens 9. Sinfonie mit Schillers Ode „An die Freude“ im Finalsatz für diese Gala in der Osteroder Stadthalle ausgewählt.

Tatsächlich war es ein fulminanter Auftakt des Happenings als nach dem bewegenden Vortrag des im Kirchenkreis Harzer Land geborenen Mediziners und Autors die Klänge Beethovens den bis auf den letzten Platz gefüllten Saal durchdrangen. Die Kantorei und der Kammerchor Herzberg, die Musikgemeinde Osterode, der Jugendchor und die Kantorei Bad Sachsa sowie das Sinfonieorchester Camerata Allegra und als Solisten Dorothea Winkel (Sopran), Caroline Große Darrelmann (Alt), Manuel König (Tenor) und Manfred Bittner (Bass) führten die Sinfonie unter der Leitung von Kreiskantor Jörg Ehrenfeuchter auf und unterstrichen die Worte Grönemeyers noch einmal auf eindrucksvolle Weise. Ebenso hatte ja auch Martin Luther um die Kraft der Musik gewusst, die Menschen auf einer anderen Ebene als das Wort berührt und somit auch eine andere Wirkung entfaltet.

Noch einmal eine ganz andere Wirkung hatte im Anschluss das Open Air-Konzert der Musiker der Evangelischen Jungend im Kirchenkreis. Tradition mit der Gegenwart und einer Verantwortung für die Zukunft zu verbinden sei wichtig, hatte Grönemeyer zuvor betont. Wenn die Jugend also die Zukunft und Beethoven die Tradition ist, die unsere Kultur ausmacht, dann ist diese Verbindung an diesem Abend bestens gelungen. Zwar klang die Musik, die die Jugendlichen spielten, ganz anders als Beethovens klassische Sinfonie, doch die Freude war auch hier deutlich spürbar – bei den Musikern ebenso wie bei ihrem Publikum.

Und auch das passte zu Grönemeyers Aussagen, denn er sprach sich für eine kulturelle Vielfalt aus, die es deshalb geben müsse, weil es wichtig ist, jeden Menschen als Individuum ernst zu nehmen. Das gelte nicht nur in der Kunst, sondern insbesondere auch in der Medizin und in allen Wissenschaften, wo es für absolut notwendig hält, besonders Schwachen und Gebrechlichen gegenüber Respekt zu haben. Die Nächstenliebe solle das Ordnungsprinzip dieser Welt sein, denn nur so können, wie es bei Schiller heißt, alle Menschen Brüder werden.

Wenn diese Eröffnungsgala also aus auf den ersten Blick völlig unterschiedlichen Programmpunkten bestand, so fügte sich bei genauerer Betrachtung doch alles zusammen und zeigte letztlich nicht weniger als die Bandbreite dessen, was Martin Luther durch seine Reformation in unserer Gesellschaft anstieß. Die Bandbreite dessen, was Kirche bzw. was der Kirchenkreis Harzer Land zu bieten hat, wurde auch im weiteren Programm von „Danke, Martin!“ am Samstag und Sonntag präsentiert. Mit diesem ersten Abend waren die Verantwortlichen jedoch erst einmal mehr als zufrieden, auch wenn so viele Besucher in die Stadthalle strömten, dass aus Sicherheitsgründen leider nicht alle eingelassen werden konnten. Hier bittet der Kirchenkreis noch einmal um Verständnis, dass das bei einer kostenfreien Veranstaltung passieren kann.

Christian Dolle