Kirche diskutiert zu Fragen der Zeit in Hahnenklee

Nachricht Hahnenklee, 23. Februar 2017
Kirche zu Fragen der Zeit
Das Podium

Für mehr Regeln, Wertschätzung und Bewusstsein

Kirche zu Fragen der Zeit – Wie aktuell sind Luthers Lehren heute? – so lautete das Thema am Freitagabend in der Stabkirche zu Hahnenklee. Die Stiftung Hahnenklee hatte zusammen mit Dr. Sybille Fritsch-Oppermann, Pastorin für Tourismus, Kultur- und Öffentlichkeitsarbeit in der Region Oberharz, zum zweiten Podiumsgespräch mit Vertretern aus Kirche und Politik eingeladen. Und dieser Einladung waren Superintendent Volkmar Keil, Dr. Roy Kühne, Mitglied des Bundestages für den Wahlkreis 52 (Goslar, Northeim, Osterode) sowie Dieter Kellermann, Oberstaatsanwalt a.D. aus Frankfurt, gerne gefolgt. Doch zunächst ging es in der Andacht, die Dr. Heiner Wajemann gestaltete, um die fünfte der zehn Plagen, die Aussagen des Liedes „Go down, Moses“ und den Weg aus dem Zwang in die Freiheit, hinein in eine offene Zukunft. „Vielleicht ist die Situation heutzutage ähnlich“, befand er. In der besonderen Kulisse der Holzkirche ergriff anschließend Superintendent Volkmar Keil das Wort und erklärte kurz Luthers Lehre zu den zwei Regimentern – die staatliche und die weltliche Regierweise Gottes. „Deutschland steht meiner Meinung nach leider an der Grenze zwischen einem religions-toleranten und einem religionsneutralen Staat. In Europa geht die Tendenz sogar zu einem religionslosen Staat“, warf er die These in den Raum und lud damit sogleich zur Eröffnung der Diskussionsrunde ein. Merkel’s Satz „Wir schaffen das“ sei bestimmten Werten verpflichtet, den eine Vielzahl der Deutschen allerdings nicht mittrage. „Dadurch verändert sich die Politik. Wir leben in einer Krise der Demokratie“, so Keil. Die Wahl Trumps zum Beispiel sei für ihn nicht nur eine politische Frage, sondern auch eine Frage der Kultur. Diese wichtigen Aspekte griff Roy Kühne auf: „Respekt, Frieden, Toleranz – all das sind Regeln einfachen Zusammenlebens. Solange keiner den anderen zwingt, seinen Glauben zu übernehmen, leben wir in einem religionstoleranten System.“ Er sieht nicht die Demokratie in der Krise, sondern die Bildung. „Wir schätzen die Werte der Demokratie nicht genug – Regeln und Gesetze müssen auch eingehalten werden. Ausnahmen sind die falsche Form von Toleranz.“ Der Politiker erklärte weiter: „Uns sind das Bewusstsein und die Wertschätzung abhandengekommen. Gelebter Wohlstand, geringe Arbeitslosigkeit – wir dürfen das nicht als selbstverständlich hinnehmen.“ Dieter Kellermann schloss sich diesem Statement an. Mit Zustimmung der Anwesenden sprach er sich wiederholt dafür aus, dass kein neues Staatskirchenrecht nötig sei, um auch anderen, nicht-christlichen Religionsgemeinschaften, bei uns Genüge zu tun. „Voraussetzung dafür ist und bleibt jedoch, dass diese Gemeinschaften sich in ihr neues Zuhause integrieren und das Grundgesetz sowie die demokratischen Strukturen achten“, so Kellermann weiter.  „Eine Lehrerin darf zum Beispiel gerne vor und nach dem Unterricht ein Kopftuch tragen, aber nicht währenddessen. Wir sollten uns wieder mehr und öffentlich zum Christentum bekennen.“ Die drei Diskussionsteilnehmer hätten sicher noch Stunden weiter debattieren können und auch das Publikum beteiligte sich rege mit Fragen und Anmerkungen. Deshalb wird es im kommenden Jahr auch eine Fortsetzung geben, kündigte Fritsch-Oppermann an.

Das nächste Mal im Rahmen der regionalen Highlights im Oberharz diskutiert werden, kann schon am Freitag, 10. März, ab 18 Uhr in und vor der St. Salvatoris-Kirche in Zellerfeld. „Macht Kirche noch Sinn – Die Rolle der christlichen Kirchen in der kulturellen und politischen Geschichte Zellerfelds“ ist an diesem Abend das Thema. Eine Außen-Lichtinstallation an der St. Salvatoris-Kirche soll Etappen aus der Geschichte dieser Kirche nachzeichnen. Anschließend äußert sich ein Experten-Podium zum Motto des Abends.

Foto und Text:Mareike Spillner