Stadtrundgang zum Thema Reformation in Osterode
Mit einem gemeinsamen Frühstück begann der neue Feiertag in Osterode für all diejenigen, die sich auf die Spur Reformatoren machten. Pastor Horst Reinecke und Stadtführer Erwin Birtel zeigten anschließend in der Schlosskirche, der Marktkirche und der Marienkirche, wie die Zeit nach dem Thesenanschlag Martin Luthers auch die Stadt an der Söse und ihre Gotteshäuser nachhaltig veränderter.
Osterode gehörte 1517 noch zum Fürstentum Grubenhagen, auch hier wurden Ablassbriefe verkauft. Fürst Philipp I. jedoch lernte Luther kennen, war von ihm beeindruckt und so kam es, dass das Fürstentum schon 1537 reformiert wurde. In St. Jacobi erinnert heute ein Bild an diese Zeit, das Kaiser Karl V., ein Gegner der Reformation, sowie jene Fürsten zeigt, die sich zur Reformation bekennen und damit eben jene Zeitenwende, die nicht nur die Kirche betraf, auslösten.
In St. Aegidien erinnerte Pastor Reinecke an Andreas Domeyer, der als erster evangelischer Geistlicher in Osterode wirkte. Das tat er vom Kanzelaltar, der für Katholiken unvorstellbar gewesen wäre, da sich nichts über den Altar erheben durfte, für die Protestanten aber zeigte, dass das Wort Gottes über allem steht.
Ebenso unterschieden sich beide Konfessionen in der Anbetung Marias. Sie sei zwar die Mutter Gottes, hatte Luther deutlich gemacht, doch selig mache allein Christus. Daher ist der Marienaltar in der Osteroder Marienkirche auch eine ziemliche Rarität in evangelischen Kirchen. Heute jedoch, wo beide christlichen Kirchen sich vor allem auf ihre Gemeinsamkeiten und nicht auf ihre Unterschiede konzentrieren, ist man froh, dass der Altar als Zeugnis der Kirchengeschichte der Stadt erhalten blieb.
Mit diesen und weiteren Fakten erlebten die Teilnehmer einen spannenden Vormittag, der vielen auch darüber hinaus noch genug Denkanstöße für den neuen gesetzlichen Feiertag mitgab. Insbesondere über die Frage, inwieweit Religion eine Stadt oder ein Land prägt und ob sie tatsächlich etwas sein sollte, das die Gesellschaft spaltet.
Christian Dolle